Montag, 15. Dezember 2008

Europäischer Winter

Das Klima ändert sich zusehends. Ich rede jetzt nicht vom Treibhauseffekt. Nein, es wird kälter. Dieser Winter scheint in Europa besonders kalt zu werden. Das gilt insbesondere für das politische Europa. Denn das Ausland verlangt nach einer konstruktiven Rolle Deutschlands bei der Bewältigung der Finanzkrise. Und wenn es schon nicht die Führung übernehmen will, dann soll es sich wenigstens an den Rettungsmaßnahmen beteiligen.

Die Wellen schlugen hoch, nachdem sich Peer Steinbrück über die britischen Rettungsmaßnahmen äußerte und in den Journalistenblock von Newsweek diktierte, die britische Politik sei "crass keynsian". Sprich: Die machen wieder nur Schulden und sonst fällt ihnen nichts ein.

Nun ja, man hat vielleicht schon empörendere Äußerungen gehört, aber dieses statement unseres Ministers reichte aus, um ein kleines Erdbeben in der angelsächsischen öffentlichen Meinung auszulösen. Daran sieht man, wie blank die Nerven anderenorts liegen. Währenddessen verschwendet man hier noch Zeit damit, sich zum Sonntagskaffeekränzchen im Kanzleramt zu treffen und sich für diese Nullnummer dann auch noch durch die versammelte Presse feiern zu lassen, die da natürlich gerne mitspielt, wahrscheinlich weil es bei so einem Treffen immer tolle Bilder gibt, die man der sedierten Leserschaft dann am nächsten Tag auf Seite 1 präsentieren kann.

Ausgelöst hat die Debatte wohl Paul Krugman mit einem Beitrag in seinem Blog, über den ich ja bereits geschrieben habe und in dem er vom "german problem" sprach.

Auch andere angelsächsische Autoren haben nur Kopfschütteln für Steinbrücks Ansichten übrig, was noch gelinde ausgedrückt ist. Ich nenne hier mal Willem Buiter (Vorsicht lang) und Ambrose Evans-Pritchard als prominente Vertreter.

Aber auch bei Weissgarnix liegt man mit Steinbrück/Merkel über Kreuz, was jetzt nicht so sonderlich überraschend ist.

Diese Krise hat genügend Sprengstoff, um die EU in ihre Einzelteile zu zerlegen. Auszuschließen ist nichts mehr. Um so wichtiger ist eine Bundesregierung, die sich der deutschen Rolle in Europa bewusst ist - und das Kapital der deutsch-französischen Freundschaft nicht leichtfertig verspielt. Wilhelmina Merkel ist auf dem besten Weg dahin.

Das kann man nur unterstreichen. Europa sollte zu einer gemeinsamen Antwort in der Lage sein, sonst droht es bzw. der Euro auseinander zu fallen. Es ist nicht die Zeit für Alleingänge. Im Zweifel eher zusammen mit den anderen einen suboptimalen Weg gehen als alleine zu scheitern.


Nachtrag:

Um noch einen weiteren - äußerst kritischen - Autor aufzuführen, ist hier der Artikel aus der FT von Wolfgang Münchau. Die Conclusio lautet:

So our financial crisis is on the brink of turning into a policy crisis. People will blame not only bankers, but increasingly politicians as well. I would expect that Mr Steinbrück will be one of those politicians. He seems to be enjoying his crisis so far. But just wait a few months.

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