Sonntag, 21. Dezember 2008

Völker, hört die Signale!

Heute mal wieder ein Zwischenbericht aus Reykjavik (Island).

Warum schreibt der denn dauernd über Island, werden sich vielleicht manche fragen. Nun, Island ist das erste Land in Europa, das von der Finanzkrise getroffen wurde. Die sich daraus ergebenen wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen zeigen sich dort entsprechend früher als bei uns. Allerdings will ich hier keinen schiefen Vergleich anstellen. Um es klar zu sagen: Deutschland ist nicht Island. Die isländischen Banken haben sich selbst einem hohen Risiko ausgesetzt, so dass sie jetzt von der Finanzkrise besonders hart getroffen werden. Vorher haben sie besonders vom diesem System profitiert. Das hat seine Ursache darin, dass die isländischen Banken bei carry trades ganz groß mitgemischt haben. Also sich Geld günstig in fremder Währung geliehen haben, um es dann zu höheren Zinsen zu verleihen.

Dieses Problem hat Deutschland nun nicht, obwohl auch deutsche Banken sich Giftmüll in die Bilanzen geholt haben, wie wir nur zu gut wissen. Aber Deutschland wird auch indirekt und daher verzögert von der Finanzkrise getroffen. Deutschland hat indirekt von der Kreditblase profitiert, da unsere Exporte auf diese Weise finanziert werden konnten. Nach Angaben von Destatis exportierte Deutschland im Jahr 2007 Waren im Wert von 1.137 Mrd EUR. Der Exportüberschuss betrug 171 Mrd EUR und steuerte damit 6,5 Prozent zum Bruttonationaleinkommen (Bruttosozialprodukt) bei. In der Vergangenheit war man immer stolz darauf, Exportweltmeister zu sein. In der jetzigen Krise bedeutet dies aber auch gleichzeitig, dass man besonders von der Weltwirtschaftsrezession betroffen ist.

Was tut sich also in Island? Die Proteste dauern an. Diesmal bleibt es friedlich. Es wurde weder am Parlamentsgebäude gezündelt, noch Bankenfahnen verbrannt, noch die Zentralbank gestürmt. Einfach stiller Protest. Also, es geht doch friedlich!

Ganz still? Nein. Ein Mann singt die "Internationale". Habe ich auch noch nicht auf Isländisch gehört...





Hier ist noch der Text in deutscher Sprache. Sozusagen schon mal zum Einsingen. Damit Ihr, wenn es drauf ankommt, nicht doof aus der Wäsche schaut. Wenn Ihr nicht als Kapitalistenschweine dastehen wollt, kann es vielleicht zukünftig hilfreich sein, spontan die Internationale anstimmen zu können: Um sich "von denen" zu distanzieren und in kein schlechtes Licht zu geraten. Vor allem Banker und Politiker sollten schon mal anfangen zu üben. Wielange Ihr noch Zeit habt zu üben, kann ich Euch nicht sagen. Aber wenn Ihr die Weihnachtslieder nicht mehr hören mögt, habt Ihr wenigstens alternatives Liedgut...



Die Internationale
Wacht auf, Verdammte dieser Erde,
die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht wie Glut im Kraterherde
nun mit Macht zum Durchbruch dringt.
Reinen Tisch macht mit dem Bedränger!
Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger
Alles zu werden, strömt zuhauf!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|

Es rettet uns kein höh'res Wesen,
kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
Uns aus dem Elend zu erlösen
können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte,
Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt man uns und Knechte,
duldet die Schmach nun länger nicht!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|

In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute,
wir sind die stärkste der Partei'n
Die Müßiggänger schiebt beiseite!
Diese Welt muss unser sein;
Unser Blut sei nicht mehr der Raben,
Nicht der mächt'gen Geier Fraß!
Erst wenn wir sie vertrieben haben
dann scheint die Sonn' ohn' Unterlass!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|


Nachtrag:
Zum Thema "Aufstände" schreibt auch Evans-Pritchard im Telegraph.

"The riots have begun. Civil protest is breaking out in cities across Russia, China, and beyond."

Die Entwicklung in Griechenland braucht ja eigentlich auch nicht noch einmal in Erinnerung gerufen zu werden. Die Proteste dauern seit dem 6.12.2008 quasi ununterbrochen an. Giraffe im Treibsand

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