Mittwoch, 10. Dezember 2008

Nobelpreisträger Krugman: The German problem

Die Kritik an der deutschen Krisenbewältigung nimmt weiter zu. Jetzt fügt sich auch der diesjährige Nobelpreisträger für Wirtschaft in die Reihen der Kritiker ein. Paul Krugman, dem just heute die wohl angesehenste Auszeichnung der Welt übergeben wird, schreibt in seinem Blog, dass die Führung der größten europäischen Wirtschaftsmacht "den Kopf in den Sand stecke".

Das kommt halt davon, wenn Politiker über Jahrzehnte gelernt haben, dass sich "Nichthandeln" politisch auszahlt. Ob man dies "Probleme aussitzen", "Politik der ruhigen Hand" oder wie auch immer nennt. Bei Merkel/Steinbrück wird sich wohl keine euphemistische Umschreibung für Unfähigkeit mehr durchsetzen.

Außerdem kreidet Krugman der deutschen Politik an, dass sie versuche, von den Rettungsmaßnahmen der anderen EU-Länder zu profitieren, ohne selber Geld in die Hand zu nehmen. So etwas läuft unter dem Stichwort "beggar-your-neighbour-policy".

Die angesprochenen "Führungspersonen" werden natürlich abstreiten, sie würden den Kopf in den Sand stecken. Vielleicht haben sie auch ein anderes Problem mit Sand. Stichwort: Giraffe im Treibsand.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als Deutschland nicht beim Irakkritik mitmachte, sprachen die Amis und Briten auch vom "German Problem"

Anonym hat gesagt…

würde das auch eher als positives Zeichen für die deutsche Verhandlungsposition sehen!

Kuchenjunkie hat gesagt…

Beim Irakkrieg standen Franzosen und Deutsche auf der gleichen Seite. Jetzt ergeben sich auf einmal andere Allianzen: Die neoliberalen Briten zusammen mit den staatsinterventionistischen Franzosen. Und Deutschland steht als stärkste Wirtschaftsmacht isoliert da. Was soll daran eine verbesserte Verhandlungsposition sein? Die anderen Nationen sollen dafür bezahlen, dass unsere Exportindustrie nicht in die Knie geht, obwohl deren wirtschaftliche Ausgangslage schlechter ist?

Ich dachte unsere Wunder-Merkel wäre so verdammt erfolgreich auf europäischer Ebene und würde die anderen an die Wand spielen.

Es scheint eher so zu sein, dass man im übrigen Europa einfach mental weiter ist als hier zu Lande, wo man den Leuten immer noch schöne Märchen erzählt und sich auf Nebenkriegsschauplätzen tummelt, siehe Pendlerpauschale. Das wird irgendwann ganz böse zurückschlagen.

Wieso hat man denn diese laissez fair Einstellung nicht auch schon an den Tag gelegt, als es um die Banken ging? Da hat man statt dessem Wert darauf gelegt, dass man einheitlich und entschlossen vorgeht. Jetzt ist das nicht mehr nötig?

Hier wird deutlich, dass die einseitge Ausrichtung auf den Export die deutsche Wirtschaft anfällig gemacht hat. Man kann nicht die Überschuldung und den Überkonsum in den USA anprangern, wenn man gleichzeitig einer der Hauptprofiteure von dieser Entwicklung ist und dann gleichzeitig die Hände in den Schoß legen. Aber es geht hier um die Grundsätze in unserem Wirtschaftssystem. Und an die traut man sich (noch) nicht heran.

Die Politik, die Deutschland hier einschlägt, führt zu einem weiterem Konzentrationsprozess und einem Abbau von heimischen Arbeitsplätzen führen. Es besteht die Gefahr von Protektionismus in der Welt und Spannungen innerhalb Europas. Dies halte ich für bedrohlich.

Anonym hat gesagt…

Ich sehe es eher so, dass die von den Franzosen, Briten und Amerikanern vorgeschlagene Lösung über massive staatliche Konjunkturprogramme nicht der richtige Weg sind und nicht funktionieren werden. Für Keynes und deficit spending fällt mir kein gelungenes Beispiel ein. Dafür aber kaputte, überschuldete Staatshaushalte.

Also ob frisches Geld verbrannt wird oder nicht, der Export bricht sowieso ein. Allerdings müssen wir ohne neue Schulden die Steuerlast hinterher nicht noch weiter erhöhen, um die neuen Schulden zu bedienen.

Anders herum, kann unsere Haltung die anderen Staaten eher davor bewahren, sich zu tief in "Konjunkturverschuldung" zu stürzen. Immerhin könnten sie ja damit vermeiden, dass unsere Industrien davon profitieren. Wäre doch nicht schlecht...

Kuchenjunkie hat gesagt…

Um hier einem falschen Eindruck entgegen zu wirken, der vielleicht entstanden ist: Ich halte den eingeschlagenen Weg grundsätzlich für falsch.

Ich bin kein Freund von Verschuldung, da diese die Ursache und nicht die Lösung des Problems darstellt. Ich weiss aber auch, dass diese Sichtweise sich realistischerweise nicht durchsetzen wird.

Der falsche Weg wurde schon beim Rettungspaket für die Banken eingeschlagen. Da wurden mal eben 500 Mrd EUR mobilisiert. Und ich gehe jede Wette ein, dass es nicht bei Garantien bleibt, sondern das große Teile davon ausgabenwirksam werden. Also kommt sowieso eine enorme Belastung auf den deutschen Steuerzahler zu. Totaler Schwachsinn diese Vorgehensweise! (Wer sich dafür interessiert kann bei youtube mal nach den Aussagen von Jim Rogers suchen.) Und leihen die Banken jetzt wieder Geld in ausreichendem Maß? Nein. Wer profitiert von den Garantien? Die Hypo Real Estate, die Landesbanken und Autobanken. Was haben diese Institute gemeinsam? Sie haben keine Spareinlagen, sondern müssen sich am Geldmarkt refinanzieren, der zusammen gebrochen ist.

Diese Institute am Leben zu erhalten macht keinen Sinn. (Das Problem bei Bankbilanzen wurde letztens schon mal so beschrieben: On the left hand side is nothing right and on the rigth hand side is nothing left.) Es ist eine schlichte Lüge, dass man mit dem Rettungsschirm die Spareinlagen schützen will.

Der Steuerzahler soll für die Spekulanten den Kopf hinhalten. Das hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Das ist Finanzfaschismus oder Kleptokratie oder wie immer man das nennen will. Die USA sind uns da übrigens wie immer einen Schritt voraus.

Aber anders als bei der überflüssigen Rettung der bankrotten Banken besinnt man sich jetzt auf einmal darauf, dass man sehr sorgsam mit Steuergeldern umgehen muss. Und dabei gehen dann etliche Mittelständler drauf, die nicht die richtigen Verbindungen haben, um an flüssige Mittel ranzukommen. Und dieses Problem verschärft man, wenn man nicht die (Binnen-)Nachfrage stärkt, damit die Umsätze nicht noch stärker einbrechen. Die anderen Staaten wollen das verhindern, weil sie nicht deindustrialisiert werden möchten. Deshalb wird es auch eine Lösung für die US-Autobauer geben, wenn auch unter schmerzhaften Einschnitten.

Es freuen sich diejenigen mit den richtigen Connections. Bei den anstehenden Unternehmesverkäufen zu Billigstpreisen dürfen dann Konzerne günstig zuschlagen und Konkurrenten vom Markt nehmen. Erst zuschlagen und dann zerschlagen wird die Devise sein. Vielleicht greift auch der eine oder andere Hedgefonds zu. Das ist ein organisierter Ausverkauf von Proktionsmitteln.

Und um die Staatsschulden müssen wir uns keine Sorgen machen. Die werden in der nachfolgenden Aufschwungphase einfach weginflationiert. Denn die im Aufschwung wieder spürbar werdende Rohstoffknappheit wird im Zusammenspiel mit der astromisch ausgeweiteren Geldmenge zu einer Rückkehr der Inflation führen.

Sollte das zu politischem Widerstand führen, dann kann man sicherlich die öffentliche Aufmerksamkeit mit Krieg und Terror hiervon ablenken.

Gewinne werden privatisiert und Verluste werden sozialisiert. So läuft das ...

Kuchenjunkie hat gesagt…

Zum Thema Dollar und insbesondere zum Thema Rückkehr der Inflation hat Weissgarnix einen schönen Artikel geschrieben.

Weissgarnix

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