Freitag, 9. Januar 2009

Bitte alle einmal hier hin schauen ... Blix ... Danke

Da das Massaker in Gaza momentan alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist das Massaker unter den Banken etwas in den Hintergrund gerückt.

Doch die Meldung von der heutigen Teilverstaatlichung der Commerzbank darf in diesem Block natürlich nicht fehlen. Insofern ist diese Grafik nicht mehr ganz korrekt, die die Commerzbank als privates Institut ausweist .

Die Verstaatlichung hat natürlich den unheimlichen Vorteil, dass man nun quasi direkt Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen kann. Dies scheint wünschenswert gewesen zu sein, da trotz der ganzen Rettungspaket-Schönfarberei der eigentliche Zweck der Hilfsmaßnahmen nicht erreicht wurde: Die Kreditvergabe der Banken läßt zu wünschen übrig, so dass manche Firmen Finanzierungsprobleme in naher Zukunft bekommen könnten. Trotz der Gesundbeterei durch die Politik scheinen die Banken nämlich einen weitaus realistischeren Blick auf ihre Ausgangsposition zu haben als manche anzeigenfinanzierten Medienstricher Zeitungskommentatoren und sind nun mit der Kreditvergabe daher deutlich zurückhaltender als noch vor einem Jahr.

Deswegen könnten etliche Firmen demnächst wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden müssen, obwohl sie eigentlich ein tragfähiges Geschäftsmodell haben. Das kann die Politik ja nun nicht wollen, schließlich stehen dieses Jahr Wahlen an. Und da die bisherigen Apelle der Politik an die Banken, doch nun endlich an das Wohl des Vaterlandes zu denken und Kredite zu vergeben, ergebnislos verhallt sind, hat man dieses Problem nun mit dem Kauf der Commerzbank gelöst.

Damit ist in Deutschland das nachvollzogen worden, was die Amerikaner und Engländer bereits letzten Herbst in großem Stil gemacht haben. Der Staat beteiligt sich direkt an Finanzinstituten. Das war auch immer schon eine Forderung von Dr. Doom, Prof. Nouriel Roubini. Allerdings hat seine Strategie zur Bewältigung der "schlimmsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg" noch eine entscheidende weitere Komponente, die da lautet: Triage.

Das gesamte Bankensystem ist derzeit funktionsunfähig. Wenn Unternehmen nicht mehr ihre volkswirtschaftliche Funktion wahrnehmen, dann haben sie keine Existenzberechtigung mehr. Das trifft nun für viele - private - Banken zu: Sie versorgen die Wirtschaft nicht mit ausreichend Kredit. Diese mißliche Situation läßt sich nach Prof. Roubini nur dadurch lösen, dass man das gesamte Bankensystem rekapitalisiert. Da man schlecht einfach den ganzen Zockern unendlich viel Steuergeld in den Rachen schmeißen kann und sie damit im Nachhinein auch noch für ihren Casino-Kapitalismus belohnt, dürfen nur die Banken gerettet werden, die an sich noch solvent sind, also nicht überschuldet sind. Es muss eine Auswahl erfolgen: Triage. Wenn genügend werthaltige Vermögensgegenstände vorhanden sind, um die Verbindlichkeiten abdecken zu können und nur ein Problem mit der Fristenkongruenz besteht, wird die Bank gerettet, ansonsten eben nicht. Damit ist der Fall gemeint, dass das Geld der Bank langfristig angelegt ist, aber die Bank kurzfristig Verbindlichkeiten zurückzahlen muss. Dieses Verfahren wurde in Schweden Anfang der ´90 er Jahre durchgeführt.

Um ihre Verbindlichkeiten zu bezahlen kann eine Bank ja im Normalfall die langfristigen Wertpapiere am Markt verkaufen, um sich so Liquidität zu verschaffen. Aufgrund des schlechten Marktumfeldes kann es aber sein, dass sie für ihre Anlagen zurzeit nicht genügend Gegenwert erhält, um die Verbindlichkeiten abzudecken. An dieser Stelle soll dann der Staat einspringen und helfen, diese Vermögensgegenstände zu versilbern, damit die Bank nicht zahlungsunfähig wird. Die Idee basiert also darauf, dass der Markt zurzeit versagt und keinen vernünftigen Preis für ein Wertpapier bildet, weil alle nur Cash halten wollen und das Risiko einer Anlage scheuen. Dann würde also der Staat jetzt lediglich Liquidität bereitstellen und das gekaufte Wertpapier bis zur Endfälligkeit halten und dann den Gegenwert für die jetzige Zahlung erhalten. Vielleicht macht er dann auch noch einen Gewinn, wenn er nämlich jetzt einen günstigen Kaufpreis raushandeln kann, wenn er zum Beispiel für ein Hypothekenbrief von $ 100 jetzt nur $ 75 zahlen muss, aber später die vollen $ 100 oder zumindest mehr als $ 75 zurückerhält.

Soweit die Idee. Die Idee aber dann einen Haken, wenn der Markt gar nicht wirklicht versagt hat, sondern der Markt die Anlagepapiere von den Banken deshalb nicht haben will, weil sie tatsächlich keinen Wert haben bzw. weitgehend keinen Wert haben. Denn was nützt es, wenn der Staat die Wertpapiere aufkauft - zu welchem Preis auch immer - und bis zur Endfälligkeit hält, sich am Ende aber herausstellt, dass bei Fälligkeit keine Zahlung erfolgt, weil der Schuldner pleite ist und die unterlegte Sicherheit für die Forderung weitgehend wertlos ist? Wer jetzt an den US-Immobilienmarkt denkt, liegt nicht verkehrt...

Dann war das ganz nämlich nur Augenwischerei und letztlich ging nur darum, dass man die Verluste von Anlegern, die bewußt ein Risiko eingegangen sind, um mehr Rendite zu erhalten als zum Beispiel auf dem Sparbuch, nun auf den Steuerzahler überwälzt.

Der schmerzhafte und unpopuläre Schritt einer Triage ala Roubini unterbleibt aber natürlich. Stattdessen erleben wir eine Salamitaktik der Banken, die sich im Quartalsrhytmus neue Milliardenhilfen genehmigen und jedesmal zu Protokoll geben, von der neuen dramatischen Entwicklung auf dem Finanzmarkt total überrascht worden zu sein. Ich frage mich langsam, ob hier alle im Land zum Quartalsende geblixtdingst werden...

Und damit kommen wir zum nächsten Problem. Wie soll man nun gegenüber anderen Branchen rechtfertigen, die ebenfalls unter der wirtschaftlichen Lage zu leiden haben, dass man dort direkte Rettungsmaßnahmen ablehnt? Sind Bankarbeitsplätze wertvoller als Auto- oder Stahlarbeitsplätze? Wenn wenn man nicht ablehnt, wo hört man dann auf? Ganz schlecht solche Fragen in einem Wahljahr.

Auf diesen Zug ist natürlich auch direkt der Parade-Popolist Rüttgers, seines Zeichens Ministerpräsident von NRW, aufgesprungen. Ich glaube, er kreierte den Deutschland-Fonds. Sollte es zu einen credit crunch kommen, könnten nämlich auch gute Firmen pleite gehen und so manche Heuschrecke könnte zu einem Schnäppchenpreis dann zu schlagen. Da könnte dann der Staat mit entsprechenden Hilfen einspringen, bevor es zu spät ist. (Nur zur Information: Der Staat kann neuerdings jede wesentliche Beteiligung eines ausländischen Investors nach dem Außenwirtschaftsgesetz im Nachhinein untersagen, wenn ihm das nicht passt. Es droht also nicht der Ausverkauf des Abendlandes an Petro-Ayatollahs)

Aber wer, wie und unter welchen Konditionen gerettet wird, dass wäre dann ja quasi öffentlich zu machen. Und das ist ja dann auch wiederum schlecht. Denn jeder Politiker hat da ja so seine Steckenpferde und Seilschaften in der Wirtschaft, und dem einen gönnt man vielleicht etwas mehr Manna als dem anderem. Also wäre es toll, wenn man die Öffentlichkeit bei diesem pikanten Manöver außen vor lassen könnte. Und da passt es doch ganz gut, dass man jetzt noch mit der Commerzbank eine weitere Mittelstandsförderbank in das Programm genommen hat, nachdem das mit der IKB ja so wunderbar geklappt hat.

Da kann man ja jetzt prima das Geld genau dahin schaufeln, wo man es haben will und muss niemandem Rechenschaft ablegen. Ja gut, nur gegenüber den Aktionären in der Hauptversammmlung. Aber seien wir mal ehrlich, da wird doch sowie nur Blabla geredet und wenn einer dumm fragt, dann sagt man einfach: " Schnauze, sei froh, dass wir uns beteiligt haben, sonst würde nämlich deine Aktie auf dem gleichen Kursniveau wie Klopapier gehandelt. Im übrigen ist alles zum Wohle des Vaterlandes geschehen."

Letzten September mit der Verabschiedung des TARP wurde hier und in anderen Blogs die sozialistische USSA ausgerufen. Nun sind wir in Deutschland auch auf dem bestem Wege dorthin. Nur sieht der Sozialismus nach dem neuen Strickmuster etwas anders aus, als er in den Schulbüchern beschrieben wird. Sozialismus gilt nach der überkommenen Definition für alle. Hier gibt es Sozialismus nur für Reiche und für die Leute mit den richtigen politischen Verbindungen. Glauben sie bitte nicht, dass der Markt hier noch entscheiden würde, welche Firmen bzw. Arbeitsplätze erhalten bleiben und welche pleite gehen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren fähigen Abgeordneten aus Ihrem Wahlkreis. Und fragen Sie ihn bitte auch, was die sich eigentlich bei der ganzen *'#? denken.

Euer Kuchenjunkie

Nachtrag:

Wer die genauen Zahlen und Analysen zum bail out der Commerzbank braucht, der ist wie immer bei Querschuss bestens aufgehoben!

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