Dienstag, 14. April 2009

ENRON? Da war doch was?

So, jetzt ist es also soweit. Wir nähern uns so langsam dem Kern der Finanzkrise. Stück für Stück scheinen die Machenschaften der "Finanzelite" aufzufliegen. Erst ist Madoff in den USA aufgeflogen mit seinem Schneeballsystem und jetzt geht es auch in Island den Bankern an den Kragen.

Nach ersten Ermittlungen scheint es so zu sein, dass sich die Mitarbeiter der Banken großzügig selbst mit Krediten versorgt haben und u.a. die Aktien der eigenen Bank aufgekauft haben, die dann wiederum als Sicherheit für diese Kredite dienten. Im Vorfeld der Finanzkrise haben die beteiligten Kreise dann noch schnell ihre Schäfchen ins Trockene (Steueroasen) gebracht. Jetzt will man die Finanzströme zurückverfolgen. Der ehemalige Justizminister von Island diktiert dem Telegraph Folgendes in den Journalistenblock:

“I have written a lot about problems in the business sector over the last 14 years, and I can only compare some parts of it to Enron,” he said. “Here companies have been playing a game, using the media and publishing to make themselves look good. We only hope that the foreign media will soon begin to understand what has been going on.”
Er sieht also Parallelen zu Enron. Nur zur Erinnerung: Enron war ein riesiger, von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Anderson gedeckter Bilanzskandal. Der größte Wirtschaftsbetrug bis dahin. Auf die Ähnlichkeiten hinsichtlich der Interessenkonflikte beim Enron-Skandal und der aktuellen Finanzkrise habe ich bereits in meinem Artikel Der-Ein-Finger-Gruß auf merksam gemacht.

Damals bei der Enron-Pleite hat die Öffentlichkeit/der Markt auf die Testate der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Anderson vertraut. Zu Unrecht. Heute werden sich einige fragen: Who the fuck is Arthur Anderson? Genau, die gibt es nämlich seit damals nicht mehr. Der Laden wurde von einer Klagewelle geschädigter Anleger eingeholt, die Arthur Anderson letztlich zur Aufgabe zwang. In der Folge wurde der SOA, der o.g. Sarbanes-Oxley-Act verabschiedet.

Nach dem SOA sollten die Bilanzen nicht mehr von denjenigen geprüft werden, die sie erstellt haben, denn dies führt fast zwangsläufig zu Interessenkonflikten bei der Prüfung der Bilanzen. Wenn ein Unternehmen eine Steuerberatung- und Prüfungsgesellschaft dafür gut, sogar sehr gut bezahlt, dass diese eine Bilanz erstellt, dann erwartet dieses Unternehmen, dass der erstellte Abschluss auch von der gleichen Gesellschaft testiert wird. Logisch, schließlich hat sie die Bilanz ja erstellt. Nur wollen die Berater die guten Aufträge in der Regel nicht verlieren, so dass bei Enron zum Beispiel recht "wohlwollend" bilanziert und dieses dann von Arthur Anderson testiert wurde. Bis der Schwindel aufflog. Dies alles wollte man also zukünftig mit dem SOA verhindern.

Dass bei den Rating-Agenturen der gleiche Interessenkonflikt besteht, wie bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor dem SOA, ist damals aber scheinbar keinem aufgefallen (wirklich nicht?) . Denn auch die Rating-Agenturen werden von ihren Auftraggebern bezahlt. Das sind die Investmentbanken, die ihre Wertpapiere (CDO´s, ABS, RMBS, CMBS und der ganze Buchstabensalat) später für gutes Geld an den Anleger bringen wollen. Natürlich erwartet man als Auftraggeber, wenn man schon zahlt, dass man auch ein ordentliches Rating bekommt. Am besten AAA, auch wenn nur Subprime-Kredite verbrieft werden. Mit welchem scheinheiligen mathematischen Modell dieses Ergebnis gerechtfertigt wird, ist den Banken egal. Sie haben dieses System ja selbst erfunden, also wissen sie, wie man es spielt. Dass bei der Vergabe der Ratings nicht immer so genau hingeguckt wurde, wurde schon mehrfach kolportiert.

Daher gab und gibt es Kritik an den Rating-Agenturen. Mish ist auch unter den Kritikern dieses Systems. Diese Kritik hat viel für sich. Aber vielleicht erledigt sich das Thema ähnlich wie bei Arthur Anderson: Indem eine Klagewelle Geschädigter die Big Three von der Bildfläche spült. Wenn man unter den demnächst arbeitslosen Ex-Mitarbeitern der Rating-Agenturen den einen oder anderen besonders frustrierten findet, könnte man mit deren Insiderkenntnissen und Zeugenaussagen eine Klage stricken. Mal sehen was kommt.

Dann heißt es in ein paar Jahren eventuell: Who the fuck is S&P, Moody´s and Fitch? Ich würde sie nicht vermissen...

Wahrscheinlich werden da aber noch genügend andere Betrügereien auffliegen. Warum sollte es sich heute anders verhalten als in der Finanzkrise von 1929? Die Ahnlichkeiten sind ansonsten ja auch frappierend. Man braucht sich dazu nur das "Standardwerk" von John K. Galbraith "Der große Crash 1929" durchzulesen. Ein schlecht übersetztes Büchlein von knapp 200 Seiten (also vielleicht zum Original greifen). Im Zuge der Aufarbeitung der damaligen Krise landeten ettliche Banker im Knast. Wahrscheinlich zu wenige, aber immerhin. Man könnte ja heute auch zumindest einmal damit anfangen.

Was ich dann auch noch sehr bemerkenswert an der Aussage des isländischen Ministers finde, ist seine Einschätzung zur Rolle der Medien, dass sie nämlich eigentlich nur zur Propaganda eingesetzt wurden, um die Betrügereien der Banken zu pushen. Auch das war bereits 1929 "state of the art". Und wer mit diesem und anderem Hintergrundwissen dann aktuell die Nachrichten von den guten Ergebnissen von Wells Fargo und Goldman Sachs im WDR-Rundfunk hört, garniert mit der durch nichts zu rechtfertigenden Behauptung, dass damit die Finanzkrise wohl beendet sei, der fragt sich, warum da einige von diesen anzeigen- und gebührenfinanzierten Medienstrichern Journalisten, nicht einfach in ihr Schwert fallen können.

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