Sonntag, 10. August 2008

Kommt ein perfekter Sturm?

Firmenkredite scheinen demnächst in den Blickpunkt der Finanzwelt zu geraten. Die Ausfallrate soll in den nächsten 12 Monaten auf 6,3 % steigen, vielleicht sogar auf 10%, sollte die US-Wirtschaft in eine langwierige Rezession abdriften. Dies berichtet die FT unter Berufung auf Moody´s.

“The storm is gathering for default rates moving up,” said Kenneth Emery, Moody’s director of corporate default research.
Die Auswirkungen betreffen angeblich in erster Linie die USA. Fragt sich nur, ob dieser Sturm, der sich da zusammenbraut, vielleicht ein perfekter Sturm werden könnte. Vielleicht zu perfekt für das gesamte Finanzsystem.

Aber bislang war es ja auch immer so, dass alle Finanzinstitute absolut solide waren. Bis sie dann auf einmal doch -ganz überraschend- zusammenbrachen. Jedes Schneeballsystem bricht irgendwann einmal zusammen, wenn kein frisches Kapital mehr zufließt.

Zum Thema Rezession und Kreditausfall (speziell CRE Commercial Real Estate) hatte ich ja bereits berichtet. Und dann möchte ich noch unbedingt auf einen sehr lesenswerten Artikel hinweisen, den London Banker abseits des üblichen Mainstreams über Deflationsgefahren geschrieben hat. So sagt er, dass Deflation viele Annahmen in Frage stellt, die im Zusammenhang mit Inflation gültig sind: Eigentum ist ein sicheres Investment. Mit Aktien ist man langfristig auf der sicheren Seite. Staaten gehen nicht pleite. Und jetzt kommts:
"When people are forced to reconsider these cherished touchstones of their financial beliefs, they will also reconsider the cherished notions of their political beliefs. It was under similar conditions that nations in the past embraced racial hatred, ethnic divisions, discrimination against gender/sexual preference, economic imperialism and war as a means of directing public discontent away from threatened elites."
Und genau dies ist der Punkt: Die wirtschaftliche und politische Elite hat versagt. Ich kann mir nur sehr, sehr schwer vorstellen, dass dies auf Leichtfertigkeit zurückzuführen ist, oder dass es sich um eine unbeabsichtigte Folge einer verfehlten Wirtschaftspolitik handelt. Es gab verantwortungsvolle Politiker, die entsprechende Gesetze erlassen wollten, um moral hazard zu verhindern. Doch sie wurden ausgebremst. Im Gegenzug wurden die Sicherungen, die man als Konsequenz aus den Vorgängen von 1929 eingebaut hatte, wieder aufgehoben (Stichwort: Glass-Steagall-Act). Ganz zu schweigen von der ablehnenden Haltung gegenüber der Einführung neuer notwendiger Regularien für Hedgefonds. Dieses Desaster war abzusehen. Die Zeichen stehen auf Sturm.

So. Jetzt gehe ich erstmal ein schönes Stück Kuchen essen. Wer weiß, wie lange es noch welchen gibt.

Euer KJ

PS: Wider Erwarten ist es an der bank failure-Front ruhig geblieben. Die FDIC hat bis jetzt (10.08.08) keine PM über Bankenschließungen veröffentlicht. Vielleicht wollte die Bankenaufsicht die Olympia-Eröffnungsfeier nicht verpassen. Aber auch diese Spiele sind irgendwann wieder vorbei. Ich werde weiter berichten.

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