Dienstag, 19. August 2008

Rogoff: Auch große US-Finanzinstitute sind gefährdet

Jede Wahrheit braucht jemanden, der sie ausspricht. Aber dass bitte niemand erwartet, dass dies zuerst die Bild oder eine unserer sog. Qualitätszeitungen sein wird.

Jetzt meldet sich der ehemalige Chef-Volkswirt des IMF zu Wort. "Das Schlimmste steht uns noch bevor" habe ich bislang weder in der Presse gelesen, noch von einem Banker gehört. Statt dessen werden ständig Beruhigungspillen an das insofern empfängliche Publikum verteilt. Noch vor einem knappen Monat glänzten die "Analysten" der Banken mit optimistischen Prognosen für das zweite Halbjahr. "Bestes Halbjahr seit 1982" und Kurssteigerungen von 25 % und mehr (Deutsche, UBS Fight History With S&P 500 Forecasts). Das Wort credit crunch hat man wohl bei den genannten Banken aus dem Wörterbuch gestrichen.

Wie ihr wisst, halte ich es eher mit solchen Prognosen a la Rogoff, der heute von bloomberg zitiert wird:
"Like any shrinking industries, we are going to see the exit of some major players,'' Rogoff told Bloomberg, declining to name the banks he expects to fail. ``We're really going to see a consolidation even among the major investment banks.''
via bloomberg

Die Aussage des ehemaligen Chef-Volkswirts des Internationalen Währungsfonds, dass auch ein großes US-Finanzinstitut fallen könnte, bezieht sich wohl nicht auf die aus Sicht des Marktes bereits scheintoten GSE Phony Mae und Fraudy Mac. Für diese beiden Institute ist jede Warnung überflüssig. Damit es spannend bleibt, sagt uns Rogoff allerdings nicht, welches Institut er meint. Am Rande sei bemerkt, dass er wie selbstverständlich davon ausgeht, dass es die kleinen und mittleren Banken auf jeden Fall hart treffen wird!

Im Zusammenhang mit den Gefahren für die Finanzinstitute (Abschreibungsbedarf) möchte ich auf meinen alten Beitrag hinweisen, der vielleicht eine Antwort auf die Frage liefern kann, wen Rogoff gemeint haben könnte (Übersicht Level 3 assets).

Wenn man sich also vergegenwärtigt, dass vielleicht demnächst mehrere Banken ihr operatives Geschäft (zwangsweise) zum Verkauf anbieten, ist zu verstehen, warum sich die Verkaufsverhandlungen bei der Postbank im Moment etwas hinziehen. Vielleicht warten potentielle Käufer auf zukünftige Schnäppchen aus einer Insolvenzmasse bzw. Notverkauf. Das würde sich so oder so auf den Kaufpreis der Postbank auswirken. Es könnte auch sein, dass potentielle Käufer nasse Füße bekommen, weil deren Eigenkapital vor der herannahenden Kreditkrise nicht mehr ganz so üppig aussieht und sie sich die Peinlichkeit ersparen wollen, ihre Aktionäre plötzlich mittels einer Kapitalerhöhung anpumpen zu müssen.

Das kann bei fallenden Börsenkursen ja sehr unangenehm werden, wie wir bereits bei Merrill Lynch gesehen haben (Grafik zum Post von WGN, Mish Death Financing Spiral). Und Fannie und Freddie warten immer noch auf bessere Kurse, bevor sie eine Kapitalerhöhung durchführen wollen. Hat jemand vielleicht eine Zeitmaschine? Zielpunkt wäre Oktober 2007 (Kurs Freddie).

Also da hält man sein Pulver lieber trocken. Alles jedenfalls keine Gründe, um jetzt bei der Postbank einzusteigen. Aber die Konsolidierung wird kommen. Bei fallenden Margen und Einnahmemöglichkeiten wird es zwangsläufig zu einer Konzentration kommen müssen. Es sei denn, man findet nach der New Economy Bubble und der Housing Bubble eine nächste tolle Möglichkeit "Gewinne" und Provisionen zu produzieren. Zurzeit eher unwahrscheinlich. Bei langfristig niedrigeren Einnahmen sinken auch die Kurse. Also bleibt nur die Konsoldierung, um mit mehr Marktmacht höhere Margen durchzusetzen und Kosten zu sparen. Das sieht ja auch Herr Rogoff für die USA so kommen. Nur wahrscheinlich erfolgt diese Konsolidierung zu anderen als den jetztigen Preisen. Die Schnäppchenjäger warten schon.

It´s the deflation blues, man, it´s the deflation blues: "Hey kids, welcome to deflation, the credit crunch is going to chance the nation." Video Youtube

Deflation auch beim Telegraph.

Ich nehme noch ein Stück Nuss-Sahne-Torte, solange es noch welche gibt.

Euer Kuchenjunkie


2. Update 19.08.08: Die sog. "Qualitätspresse" berichtet jetzt auch. Naja, wie gesagt nicht zuerst, aber immerhin wird eine Äußerung eines IMF-Ökonomen nicht ignoriert. FAZ, Spon,

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen