Dienstag, 7. Oktober 2008

Anatomie einer Finanzkrise

Ok, ich habe auf ihn zwar schon x-mal verlinkt und lobe ihn ständig über den grünen Klee, aber scheinbar wird er leider nur zu selten gelesen. Vielleicht weil er nicht auf Deutsch sondern auf Englisch bloggt: Nouriel Roubini.

Sein wohl bester Beitrag stammt aus dem Februar dieses Jahres, als er den Ablauf der kommenden Finanzkrise in 12 Schritten darstellte. Man beachte, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Bear Stearns noch nicht kollabiert war. Die Geschehnisse auf den Finanzmärkten weisen eine so starke Ähnlichkeit mit den Voraussagen von Nouriel Roubini auf, dass man fast glauben könnte, dass sein Artikel als Drehbuch für die Realität diente.

Diesen faszinierenden Artikel (hier frei erhältlich, hier gekürzt) hat Querschuss dankenswerterweise nun nochmals in deutscher Sprache zusammengefasst. Gleichzeitig kommentiert Querschuss vorne weg das neue Einlagensicherungssystem ala Merkel/Steinbrück. Kurz gesagt: Beruhigungspille fürs Sparervolk.

Wer bislang erfolglos nach den Ursachen der Finanzkrise gesucht hat, dem werden dort die Augen geöffnet. Lesenswert.

Nachtrag: 70 min Video von der Princeton University über die Finanzkrise (maturity mismatch, counterparty credit risk, cds spreads up, ratings down, margin calls). Gefunden bei Baumhaus.

Nachtrag 8.10.2008:

Na sowas! Nachdem Querschuss den Artikel von Roubini "12 Schritte zur finanziellen Kernschmelze" wieder in Erinnerung gerufen hat, ist es einen Tag später nun Roubini selbst, der seinen Artikel nochmals bespricht. Man kann es ihm ja nicht verübeln, da er lange Zeit für seinen Pessimismus verspottet wurde, dass er sich nun in der entgegenschlagenden Anerkennung sonnen möchte. Aber über die Wiederholung hinaus bietet er auch ein Lösungspaket an, das die Politik seiner Meinung nach umsetzen muss, um die Vollendung seines 12-Punkte-Plans abzuwenden: Den Zusammenbruch des Finanzsystems.


Vier Schritte sind es, die Roubini für geboten hält:
1. Eine Triage (Begriff aus der Militärmedizin: Auswahl bei einem Massenanfall von Verletzten zwischen überlebensfähigen und nicht überlebensfähigen Patienten bei nicht ausreichenden medizinischen Ressourcen) hat zu erfolgen zwischen insolventen einerseites und überlebensfähigen Banken andererseites, die es lohnt zu rekapitalisieren. Die insolventen müssen geschlossen werden und Kapitalerhöhungen bei den zu rettenden Banken durchgeführt werden. Ebenso brauchen Nichtbanken Liquiditätsspritzen. Eine direkte Kreditvergabe an kleine Unternehmen wäre auch hilfreich. Den Plan der USA zum Aufkauf von Commercial Paper (CP, Schuldscheine für kurzfristige Verbindlichkeiten von Unternehmen) befürwortet Roubini.

2. zeitlich begrenzte vollständige Einlagensicherung durch den Staat, aber gefolgt von einer Schließung der insolventen Banken, um moral hazard zu vermeiden (s.o.)

3. Eine Änderung des fehlerhaften 700 Mrd. TARP-Programmes.
a) Direkte Staatsbeteiligungen an Banken in Verbindung mit privaten Kapitalgebern. Aussetzen von Dividenzahlungen an Altaktionäre.
b) Reduzierung der Hypothekenschulden gegenüber den Hauseigentümern, um die Zwangsversteigerungen zu stoppen.
c) Insolvente Banken schließen

4. Eine Nachfrageprogramm in Höhe von 300 Mrd. Dollar, das dazu genutzt werden sollte, Steuererleichterungen für die Geringverdiener zu geben und Infrastrukturprojekte und grüne Technologie zu finanzieren. Ansonsten droht ein erheblicher Nachfrageausfall.

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Also ich glaube, was Herrn Prof. Roubini besonders am Herzen liegt, ist die Triage, so oft wie dieses Wort wiederholt. Die heutige koordinierte Leitzinssenkung aller wichtigen Zentralbanken um 0,5 Prozent hält er für richtig, aber dies würde nichts am eigentlichen Problem ändern. Und dieses Problem heisst mangelnde Eigenkapitalausstattung. Daraus resultiert ist die Angst vor einem Kreditausfall, wenn es zu weiteren Abschreibungen kommt. Er sieht den Zinssatz der FED am Ende des Zyklus´ eher bei 0 als 1 Prozent!

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