Mittwoch, 8. Oktober 2008

Der Aufruf zur Vernunft Finanzkrise

Die FTD berichtet über einen Aufruf von 20 Professoren der Uni Hohenheim. Demnach ist die ganze Finanzkrise gar nicht so schlimm. Jetzt nur nicht den Kopf verlieren. Und ganz wichtig: Schön wieder das Geld zurück auf´s Sparbuch legen:

Bürger, die ihre Sparkonten räumen und privat große Bargeldbestände aufbauen, müssen sich bewusst sein, dass dies für unser Wirtschaftssystem gefährlich ist. Wenn wir dies alle tun, dann fördert dies die negative Entwicklung und führt zu einer dramatischen Rezession, in der wir alle wirtschaftlich verlieren werden.

Als wenn man Vertrauen per Rundschreiben verordnen könnte. Das Vertrauen wird erst dann wieder zurückkommen, wenn die Zocker in der Insolvenz sind und alle Banken, die am Markt tätig sind, wieder eine angemessene Eigenkapitalausstattung vorweisen können. Ende mit den Bilanztricksereien. Ich verstehe nicht, wieso Banken ihre Bilanzen nach dem Motto aufstellen können "Wünsch Dir was", während bei jedem anderem Unternehmen die Geschäftsführung wegen Insolvenzverschleppung angeklagt würde. Statt dessen können Banken unverkäufliche Level 3 assets zum fair value ansetzen. Fragt sich nur fair für wen?

Und von der Illusion, dass die Papiere nur bis zum Laufzeitende gehalten werden müssen, damit diese wieder werthaltig werden, sollte man sich ebenfalls verabschieden. Fakt ist, dass ein Großteil der Forderungen unwiederbringlich verloren gegangen ist. Die Schuldner werden vor den Schulden davon laufen, da sie die Raten nicht aufbringen können und die Hypothek doppelt so hoch ist, wie ihr Haus noch wert ist(Homeowners with negative equity via CR). Daran wird sich in den nächsten Jahren nichts Wesentliches ändern. Es ist ein Irrglaube, dass es nur um die Subprimekredite ginge. Mittlerweile sind auch die besseren Schuldner betroffen. Wenn der Einzelhandel weiter unter die Räder kommt, dann werden auch die Malls schließen und damit die gewerblichen Kredite ausfallen. Liebe Banken, besorgt euch Kapital egal von wem, dann gibt es auch wieder Vertrauen.

Statt dessen liefern uns die Professoren Krisenromantik ala Rosemunde Pilcher:

2. Die Solidarität zwischen den Banken in Deutschland darf in der bestehenden Situation keine Grenzen kennen. Alle Banken sitzen im gleichen Boot.

Ja, ne, is klar. Deswegen ist der Interbanken-Geldmarkt auch schon seit Tagen eingefroren und die Notenbanken pumpen Geld in Milliarden- und Billionenhöhe in den Markt, um die Banken vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Keine Bank traut der anderen auch nur einen Millimeter. Aber die Professoren fordern jetzt den Schulterschluss. Vielleicht habt ihr ja noch so ein paar praxistauglich Vorschläge. Fordert doch einfach noch, dass die Vorstände mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten ihrer Bank haften sollen...


Gutgemeinte Äußerungen gab es auch während der großen Depression 1929. Da stellten sich Kollegien von Wirtschaftsprofessoren hin und behaupteten, dass das die wirtschaftlichen Grundlagen bestens seien (Wenn ich mich richtig erinnere, gab es damals auch eine Gremium aus 20 Wissenschaftlern von der Harvard oder Princeton Universität, die ewig bullish waren. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurde dieses Gremium dann still und heimlich aufgelöst). In die Geschichtsbücher ist auch Professor Irving Fisher, damls einer der angesehensten Wirtschaftswissenschaftler, eingegangen, der wenige Tage vor dem schwarzen Donnerstag/Freitag davon sprach, dass die Kurse ein dauerhaft hohes Niveau erreicht hätten. Und selbst nach dem schwarzen Donnerstag sagte er noch NYT Schlagzeile:

STOCK SLUMP IS ONLY TEMPORARY
Professor Fisher Tells Capital Bankers Market Rise Since War Has Been Justified. ECONOMIC REASONS CITED "Public Speculative Mania," He Declares, Is Least Important Causeof Price Inflation.

October 24, 1929, Thursday

WASHINGTON, Oct. 23.--Fears that the price level of stocks might go down to where it was in 1923 or earlier, engendered by recent breaks in the market value of securities, are not justified by present economic conditions, Professor Irving Fisher,...

Kleine Anmerkung: Am 3. September 1929 erreichte der Dow Jones Index seinen Höchststand von 381 Punkten. Mitte November stand er bei ca. 180 Punkten und viele glaubten, jetzt sei der Zeitpunkt für einen Einstieg gekommen. Aber tatsächlich fielen die Aktienpreise nicht nur auf das Niveau von 1923 zurück, sondern auf den Stand, den der Dow Jones im Jahr seiner Gründung hatte. Erst 1932 erreichte der Dow Jones seinen Tiefststand mit 41 Punkten. Der gleiche Stand wie 1896, bei seiner Erstveröffentlichung.

Ich nehme noch ein Stück Kuchen, wer weiß, wie lange es noch welchen gibt.

Euer Kuchenjunkie

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